Dirk Grote und die Wistinghauser Senne
Als Kleinkind ist er oft beim Gesang der Nachtigall eingeschlafen. Vielleicht ist dieses frühkindliche Erlebnis der Schlüssel für die Leidenschaft von Dirk Grote, sich intensiv mit den frei lebenden Vögeln in der Region zu beschäftigen. „Meine Eltern hatten in meiner Kindheit Hühner, Enten, Gänse und Kanarienvögel. Ich bin mit gefiederten Tieren groß geworden. Besonders fasziniert war ich aber von einer Voliere mit einheimischen Vögeln, die mein Vater gebaut hatte. Daher rührt wahrscheinlich meine Begeisterung für die einheimische Vogelwelt“, versucht Grote eine Erklärung für seine Leidenschaft.
Dirk Grote hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht, ursprünglich hat er die Ornithologie als Hobby neben seinem erlernten Beruf als Tischler mit eigener Werkstatt ausgeübt. Durch sein profundes Wissen über die heimische Vogelwelt ist er schon seit geraumer Zeit auch als freiberuflicher Gutachter und im Beraterstab bei der Bezirksregierung ein anerkannter Fachmann. Mit ihm durch den Wald zu gehen ist schon ein besonderes Hörerlebnis, denn – so Grote – 80 Prozent der vorhandenen Vögel kann man eher akustisch durch ihren Gesang und ihre Rufe bestimmen als sehen.
Grotes Lieblingsort im Naturpark Teutoburger Wald / Eggegebirge ist seit einiger Zeit die Wistinghauser Senne bei Oerlinghausen. „Die Entwicklung, die hier durch das Naturschutzgroßprojekt Senne und Teutoburger Wald (NGP) angestoßen worden ist, ist eindrucksvoll. Mit der Auflichtung der Wälder und der Beweidung mit den Schottischen Hochlandrindern hat sich die Artenvielfalt spür- und messbar verbreitert“, ist sich der Ornithologe sicher. Außerdem ist er von dem Konzept des Naturschutzgroßprojekts überzeugt: „Hier wird eine Landschaft in einen historischen Zustand zurückversetzt, die viel mit der alten Hudewirtschaft, also des Weidens der Tiere im Wald, zu tun hat. Aus den alten Aufzeichnungen wissen wir, dass die Wistinghauser Senne in früherer Zeit Weidegebiet war. Hudewirtschaft geht in unseren Breiten immer einher mit lichten Wäldern, einer vielfältigen Landschaftsstruktur und führt zu einer hohen Artenvielfalt auch bei Vögeln.“
Dass sein Herz für die Wistinghauser Senne schlägt, zeigt sein ehrenamtliches Engagement für das Naturschutzgroßprojekt. Nicht nur, dass er das Fanggehege für die Rinder in tiefster Winterzeit zusammen mit einer Studentin der Fachhochschule Ostwestfalen-Lippe gezimmert hat. Nein – seit 2009 ermittelt er auch ehrenamtlich die Bestandsentwicklung der Brutvögel in der Wistinghauser Senne. Viele stehen auf der Roten Liste von Nordrhein-Westfalen. Grote ist überzeugt, dass hier eine sehr dynamische Entwicklung statt finde: „So ist die Anzahl der Brutpaare des Baumpiepers in vier Jahren von sechs auf 23 gestiegen. Neue Brutpaare sind hinzugekommen wie die Heidelerche, der Wiesenpieper, aber auch der Wespenbussard, die Waldohreule und der Sperlingskauz. Nach der roten Liste sind das alles gefährdete oder stark gefährdete Vogelarten!“
Ein inniges Verhältnis hat er auch zu den Schottischen Hochlandrindern, den „Landschaftspflegern“ in der Wistinghauser Senne, entwickelt: „Diese Tiere strahlen eine ungeheure Ruhe aus; die sind wirklich tiefenentspannt und selten aus der Ruhe zu bringen. Wer diese Tiere beobachtet, braucht schon etwas Geduld – oft auch mit sich selbst. Denn leicht wird bei dieser Übung die eigene innere Unruhe spürbar, die einen immer weitertreibt. Aber, sie machen ihren ‚Job’! Durch den Verbiss der Pflanzen halten sie den Landstrich offen“.
Für Grote ist die Wistinghauser Senne eine Landschaft im Umbruch: „Wie im Zeitraffer kann ich hier bei meinen Besuchen verfolgen, wie Landschaft sich verändert und neu erlebbar wird. Landschaftsstrukturen wie die alten, welligen Dünenbereiche, die vorher durch den dichten Kiefern- und Fichtenbestand verdeckt wurden, werden wieder sichtbar. Flora und Fauna verändern sich ständig. Eine Situation, wie geschaffen als Zufluchtsort für bedrohte Tier- und Pflanzenarten – aber auch für Entspannung suchende Menschen. Das mitverfolgen zu können ist schon toll!“